Die Feldbahnen des Steinbruchs am Wingertsberg
Vortrag von Berthold Matthäus beim Arbeitskreis Heimatgeschichte Mühltal
Von Wolfgang Valter, Mühltalpost – Ausgabe Juni 2017 – am 31.05.2017 – S. 12
Mit dem Vortrag „Die Feldbahnen des Steinbruchs am Wingertsberg“ setzt der Arbeitskreis Heimatgeschichte Mühltal sein Veranstaltungsprogramm fort. Berthold Matthäus, Autor des Buches „Feldbahnen der Odenwälder Hartstein-Industrie“, referiert in seinem Vortrag über die interessante Geschichte der Schmalspurbahn des Nieder-Ramstädter Steinbruchs.
Feldbahnen wurden immer da eingesetzt, wo schweres Material in großen Mengen zu transportieren war. So zum Beispiel in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Land- und Forstwirtschaft, in Steinbrüchen, Tongruben, Ziegeleien, im Bergbau auf und unter Tage und bei vielen weiteren Verrichtungen. Auch im Krieg kamen Feldbahnen für militärische Material- und Personaltransporte genauso zum Einsatz, wie bei den Aufräumungsarbeiten in den von Bomben zerstörten Städten als Trümmerbahn.
Mit der Gründung der OHI, dem Zusammenschluss der Steinbrüche Wingertsberg in Nieder-Ramstadt und am Roßberg bei Roßdorf, sowie der Übernahme diverser Steinbrüche im Westerwald, die zuvor im Besitz der Limburger Firma Stein waren, erstarkte zum Ende des 19. Jahrhunderts die Steinbruchindustrie ganz erheblich und erlangte außerordentliche wirtschaftliche Bedeutung. Die Steinbruchbetriebe waren zeitweise die größten Arbeitgeber am jeweiligen Ort.
Wurden zunächst alle anfallenden Arbeiten von Mineuren, Steinbrechern, Erdarbeitern und Steinklopfern überwiegend in Handarbeit ausgeführt, erfolgte dann in immer stärkerem Maße
der systematische Ausbau der maschinellen Verarbeitung. Dazu zählten neben Installationen von Dampfmaschinen auch der Einsatz von Feldbahnen und ihren Schienensystemen.
So wurde im Tagebau des Steinbruchs Nieder-Ramstadt ein gewaltiger Schrägaufzug mit Pendelbetrieb gebaut, der die vollen Wagen aus der Grube auf die Höhe der Beschickerbühne des Brechwerkes zog und im Gegenzug die geleerten Wagen in den Bruch hinunter ließ. Das versandfertige Material wurde dann vom Brechwerk aus mittels der Feldbahn, die eine Spurweite von 720 mm hatte, zum Bahnhof Nieder-Ramstadt transportiert. Dazu musste die tiefer liegende heutige Bundesstraße 449 und die Auffahrt zum Bahnhof überbrückt werden.
Die hierfür gebaute imposante Holzbrücke mit ihrer mächtigen Stützenkonstruktion wurde zum Wahrzeichen des Nieder-Ramstädter Steinbruchs. 1957 wurde der Betrieb der Feldbahn zwischen Steinbruch und Bahnhof eingestellt. Die Holzbrücke wurde im gleichen Jahr abgerissen.
Der mit zahlreichen Bildern unterlegte Vortrag findet am
27. Juni 2017 um 19.30 Uhr im Brückenmühlensaal im Bürgerzentrum Nieder-Ramstadt, Ober-Ramstädter Straße 2-4 (Eingang Vingåkerweg) statt. Der Eintritt ist frei.
Wolfgang Valter